
„Ich schmeiß mein Auto auf den Müll und fahre lebenslänglich Rad und Bahn uns Bus, mit meinem Auto mach’ ich Schluss […]“ sangen 1997 die Wise Guys, eine erfolgreiche deutsche A-Capella Band. Zehn Jahre später lernte ich das Lied kennen und tatsächlich hat es mich damals geprägt, denn es war vielleicht meine erste Auseinandersetzung mit Themen rund um Klimaschutz und dessen Zusammenhang mit CO2-Emissionen. Weitere zwölf Jahre später schreibe ich diesen Eintrag, und ich schreibe ihn im Zug, denn: Seit heute besitze ich nach 7 Jahren kein Auto mehr!
Doch von vorne:
Ich bin auf dem Land aufgewachsen - im bayerischen Wald - und wer dort lebt oder schon einmal einen Urlaub gemacht hat weiß: Hier ist wirklich Land. Die nächsten größeren Städte sind Passau und Regensburg, beide circa hundert Kilometer von meinem Wohnort entfernt. In ihrer Abgeschiedenheit ist die Region wirklich sehr idyllisch und verschlafen, gleichzeitig sind das aber auch die großen Herausforderungen. Man ist hier auf das Auto angewiesen. Erst langsam finden Supermärkte auch Einzug in die kleineren Ortschaften, Ärzte und Apotheken sind aber immer noch spärlich gesät. Die nächsten kleinen Städte sind 15 oder zwanzig Kilometer entfernt. Es gibt drei tägliche Busverbindungen unter der Woche (und auch nur zu Schulzeiten), am Wochenende gibt es eine einzige. Freilich kommt es vor, wenn man eine Verbindung verpasst, dass man drei Stunden geht anstatt zu fahren. Noch freilicher kenne ich gerade deshalb keine Person in meinem Altar, die mit 18 Jahren noch keinen Führerschein besitzt, die meisten unter 20 Jahren haben ihr eigenes Auto.
Nun wohne ich seit 2014 in Nürnberg, bzw. Erlangen. In den ersten beiden Jahren pendelte ich noch oft zwischen beiden Städten, besuchte meine Eltern zu Hause, später erledigte ich mit dem Auto lediglich meine Einkäufe, fuhr Freunde spazieren oder selbst gänzlich fort.
Der Schutz unserer Welt ist mir ein großes persönliches Anliegen. Die Auswirkungen des Klimawandels und ein schonender und nachhaltiger Umgang mit unserem Planeten werden die Herausforderungen meiner Generation sein, dafür kann und wird jeder Mensch einen Beitrag leisten müssen. Seit ein paar Jahren bin ich privat um einen geringen Plastikkonsum bemüht, kaufe möglichst regional und saisonal und kenne die damit verbundenen Schwierigkeiten. Ein großes Minus in meiner persönlichen Ökobilanz verursachte aber immer das Auto.
Das war mir schon längere Zeit klar… - aber nicht ganz so recht, denn das Auto machte mein Leben doch um einiges bequem und praktisch. Ich möchte an dieser Stelle aber nicht die Vor- und Nachteile des Autos erörtern, diese sind uns sicherlich klar.
Auch die Wise Guys setzten sich mit diesem Problem auseinander:
„Wär’n wir konsequent, zögen wir die Konsequenzen. Doch wir spielen Leiber weiter Schumacher und Frentzen. Ab heute ohne mich. Ich mach’ den ersten Schritt und spiele ab sofort nicht mehr mit: Ich schmeiß mein Auto auf den Müll, gleich morgen früh […]“ Nach dieser Einsicht kommt aber die Konfrontation mit den damit verbundenen Nachteilen. „Doch mit meiner Predigt stoße ich auf taube Ohren. Zum Ökomissionar bin nich auch leider nicht geboren; weil ich beim guten Vorsatz viel zu lang verharre - morgen sitze ich doch nur wieder selber in der Karre. Ich schmeiß mein Auto auf den Müll, nächstes Jahr! […] Ich schmeiß min Auto auf den Müll, irgendwann, dann hat die liebe Seele Ruh’, und alle Leute schauen mir staunend dabei zu. Ich schmeiß mein Auto auf den Müll und fahre lebenslänglich Rad und Bahn und Bus, mit meinem Auto mach ich Schluss - irgendwann!“
Bei mir hat es zwölf Jahre gedauert und ich muss ehrlich sagen: Es fühlt sich gut an. Und ich bin ein kleines bisschen Stolz darauf, diese Entscheidung getroffen zu haben.
Ich muss aber auch sagen, dass ich auch etwas wehmütig bin, denn an dem Auto hängen auch Erinnerungen an Menschen, Road-Trips und Pannen (Foto: Panne während Roadtrip in Südtirol) - 124000 Kilometer. Kleine Schrammen zeugen von den Fahranfängen, die Tickets im Handschuhfach von Konzerten von Deichkind bis Eminem und die ausländischen Stadtkarten von den ganz große Fahrten!
Motivation - Sollten alle ihr Auto wegschmeißen oder worum geht es?
Nein. Es wäre natürlich nicht schlecht - klar - aber es ist oft nicht realisierbar, solange es nur wenige Alternativen gibt. Außerdem ist das immer noch keine Pro/Contra-Erörterung.
Mir geht es hierin vielmehr um das Handeln und das Umdenken.
Es ist viel erreicht, wenn wir uns regelmäßig unsere eigene Ökobilanz vor Augen halten. Die sieht bei jedem anders aus und stellt deshalb auch jeden vor andere Herausforderungen. Den Mut zu haben die Herausforderungen anzunehmen, dafür soll dies ein Plädoyer sein. Bei mir hat es sieben Jahre Zeit gebraucht, bis ich überzeugt mein Auto aufgeben konnte. Sicher auch weil ich jetzt und hier ein gutes Angebot an Alternativen wahrnehmen kann.
Wenn jemand anderes vom Flieger auf den Zug umsteigt und eine Andere nimmt bald die U-Bahn anstelle des Taxis, wenn auf Plastiktüten verzichtet wird, summieren sich die täglichen Beiträge von einer großen Vielzahl von Menschen und die sind ein guter Anfang. Und auch ich möchte mich daran weiter beteiligen.
Mit der getroffenen Entscheidung beginnt aber erst die Herausforderung - Und ich freue mich darauf!
Und diese Herausforderung nenne ich künftig „Projekt #CARLOS“ und bin nun sehr gespannt, wie und wann ich das Auto ersetzen kann. Ob es mir fehlen wird? Ich werde Car-Sharing und die Fahrrad-Infrastruktur betrachten, die Bahn nutzen und immer wieder mal unter dem Hashtag #Carlos einen Erfahrungsbericht über diese schreiben.
So jetzt fahre ich in den Nürnberg Hauptbahnhof ein…
Stay tuned!
Hier geht es zum Song!